Die merkwürdige Metamorphose unseres Gehirns in einer zu komplizierten Welt
 
Gehirnmetamorphose - © Alfred Rhomberg

 

Die Hirnphysiologie lehrte uns bisher, dass unser Gehirn zwei Hemisphären enthält, die zwar ähnlich aufgebaut sind, aber vorwiegend unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Es wurde angenommen, dass die linke Hirnhälfte für sprachliche, logische und analytische Aufgaben zuständig ist, während die rechte Hälfte eher für die räumliche Zuordnung und Mustererkennung verantwortlich ist.

 

Wer unsere Medien, Fernsehnachrichten, online-Magazine und bunten Printmedien (Unterhaltungsmagazine) regelmäßig verfolgt und in Social Networks engagiert ist, könnte zu dem Schluss gelangen, dass die herkömmliche Hirnphysiologie irrt. Offenbar ist die eine Hälfte unseres Gehirns dazu befähigt, technisch unnotwendige Dinge zu ersinnen und deren Produktion zu ermöglichen, während die andere Hirnhälfte den dadurch angerichteten Schaden zunächst zu reparieren versucht, bis sie – wenn dies nicht mehr möglich ist - sich in den Zustand der Passivität bis hin zur Verdummung, begibt.

 

Einige Beispiele

 

Zwei etwa 8 bis 10-jährige Mädchen arbeiten verbissen auf  ihrem Smartphone – das eine Mädchen mit Facebook, das andere mit Whatsapp. Frage der Eltern: was macht ihr da? Wir schicken ein Bild an Freunde. Warum? Damit sie es auch sehen. Und was habt ihr davon? Sie sehen es und schreiben uns dann, ob es ihnen gefällt. Warum auch nicht???

 

Ältere Schüler benützen Social Networks altersgemäß in ähnlicher Weise: sie schicken Bilder aus ihrem Urlaub, vereinbaren „Dates“, sie „tratschen“ mit virtuellen Freundinnen und Freunden, also Jugendlichen, die sie oft nicht persönlich kennen, sie rechtfertigen Social Networks damit, Informationen aus aller Welt zu erhalten, um dadurch besser informiert zu sein. Den Unterschied zwischen Information und Pseudoinformation kennen sie nicht.

 

Gerüchtebörsen: Ein Teilnehmer eines Social Networks sendet zu irgendeinem Anlass seine persönliche Meinung in alle Welt, die „Nachricht“ wird aufgegriffen und sofort weiteren „friends“ kommuniziert. Dadurch werden aus Gerüchten (oder Annahmen) Meinungen und aus diesen schließlich (Pseudo)wahrheiten.

 

Gefährliche Nachrichten: Links- und Rechtsradikale bis hin zu gefährlichen Gruppen (z.B. IS-Kämpfer) vereinbaren Termine über Social Networks für Demonstrationen oder Straftaten, Rekrutierung von Anhängern etc.

 

Beispiele gäbe es viele – sie anzudenken sei den LeserInnen überlassen.

 

Folgerungen

 

Es gab auch früher Erfindungen, die missbraucht werden konnten, diese waren allerdings im Vergleich zu Social Networks meist harmloser, wenn man von der Atombombe und wenigen anderen Erfindungen absieht. Letztlich kommt es stets darauf an, wie mit neuen Technologien umgegangen wird. Der enorme Unterschied zur Vergangenheit beruht auf der Schnelligkeit des Internets und seinen Möglichkeiten. Allein das Smartphon hat die Welt in 15 Jahren mehr verändert als alle früheren Erfindungen, weil es weltumspannend auch Bevölkerungsschichten erreicht, von denen wir früher oft gar nicht einmal wussten, dass es sie gibt und: weil es bereits von Jugendlichen verwendet wird, die sich der Gefahren noch nicht bewusst sind und deren eigene Urteilskraft durch die Einbettung in den Kreis ihrer „friends“ zunehmend schwindet. Diese Jugendlichen werden unsere Gesellschaft zukünftig weltweit dominieren.

 

Und noch ein verhängnisvoller Irrtum: In Kunst und Kultur wird von einer ungeahnten Bereicherung ausgegangen, weil Impulse aus allen Kulturregionen der Welt zusammentreffen und dadurch mehr Kreativität entstünde. „Kulti-Multi“ und „Crossover“ lassen Kreativität auf ein Mischmasch zusammenschrumpfen, das zur gegenseitigen Anpassung und dadurch zu einem Verlust an Individualität führt. Individualität entsteht ausschließlich durch eigenständiges Nachdenken über in guten Schulen erlerntes oder gelesenes Wissen und nicht durch Nachplappern von Gemeinplätzen, die uns durch nahezu alle Medien, besonders jedoch durch Social Networks ein Weltbild vermitteln, in welchem alles simplifiziert dargestellt wird.

 

Unsere Welt ist nicht einfach, sie war es nie. Die Komplexizität unserer modernen Welt, die alle Länder dieser Welt mit ihren oft spezifischen regionalen Problemen einschließt, bedarf jedoch gewaltiger Reparaturprozesse unserer Denkweisen, wobei der Ansatz bereits - wie angesprochen - in der Schule gelegt werden müsste.

 

Ob unser Gehirn infolge der Veränderungen durch die verfehlte Bildungspolitik unserer Schulen und Universitäten zu solchen Reparaturprozessen überhaupt noch in der Lage ist, sei angezweifelt – vermutlich wird es bereits in kurzer Zeit zu einem Verwandlungsprozess (Metamorphose) in unserem Gehirn gekommen sein, der eine Heilung ausschließt. 

 

(Neufassung 11.11.2016)

 

 

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