Die Oniomanie - und das imperative "nein"

 

Tasche von Picard - diese Tasche ist sicher auch sehr schön, wenn frau nicht schon 32 Handtaschen besitzt - © aus einem online Verkaufsangebot von Picard

 

Unter „Oniomanie“ versteht man nicht die Manie, “onions” (also Zwiebeln) zu kaufen – wer diese Manie hätte (ohne Zwiebeln wirklich zu brauchen) könnte nicht anders als hochgradig manisch bezeichnet werden – wo brächte frau/man die vielen Zwiebeln dann wohl unter? Doch auch bei der wissenschaftlich richtigen Auslegung von Oniomanie (abgeleitet aus dem griechischen onios = „zu verkaufen“) handelt es sich um eine pathologische Erkrankung, nämlich um den manischen Kaufzwang – also „zwanghaftes shopping“ (1).

 

Es wäre zu einfach die Ursache für zwanghaftes shopping nur als eine psychologisch bedingte Störung (vermindertes Selbstwertgefühl, Frustration oder Stress) zu betrachten, wie die Psychotherapie dies heute oft sieht – der Grund könnte viel tiefer liegen, nämlich als eine im Kindesalter anerzogene Unart, die auf den modernen Erziehungsmethoden, Kindern nichts abschlagen zu können, beruht. Wer junge Mütter oder Väter mit ihren Kindern in Supermärkten beobachtet, kann oft sehen, dass Kinder an den Kassen häufig auch noch selbstausgesuchte Artikel zu den Einkaufsartikeln ihrer Eltern legen, wobei es zunächst zwar häufig zu kleinen Streitgesprächen kommt, einige der ausgesuchten Artikel dann aber doch gekauft werden – ganz abgeschlagen werden die Wünsche der Kinder von den Eltern selten. Nun kann man Käufe in Lebensmittelmärkten nicht wirklich als „shopping“ bezeichnen, denn die von den Eltern gekauften Artikel werden ja tatsächlich gebraucht. Die von den Kindern dazu geschmuggelten Dinge sind da schon eher eine Vorstufe zu „shopping“, weil sie von den Kindern   nicht unbedingt gebraucht werden. Noch gefährlicher ist es, wenn Kinder ihre Mütter beim echten „shopping“, also bei der lustvollen Betätigung sich etwas „Hübsches“ zu kaufen, begleiten. Wenn sich die Mütter ein oder zwei Paar Schuhe oder eine schöne Handtasche ausgesucht haben, bemerken die Kinder natürlich sofort, dass diese Dinge vielleicht nicht unbedingt gebraucht werden – die Mama hat ja bereits einige Schuhe oder Handtaschen. Die Kinder lernen dabei, dass das „Kaufen“ von Dingen nicht nur darauf beruht, etwas dringend Notwendiges zu erwerben, sondern das shopping Freude macht, an der sie teilhaben möchten. Häufig bekommt das dreijährige Mädchen dann auch noch schnell ein paar Schuhe anprobiert oder erhält eine kleine Kinderhandtasche, weil es eben auch „etwas haben“ möchte. Wenn dies zur Gewohnheit und den Kindern in unserer doch etwas verwöhnten Gesellschaft nie ein Wunsch abgeschlagen wird, ist der Grundstein dafür gelegt, dass nicht mehr der Besitz von Gütern das eigentliche Handlungsziel ist, sondern die Befreiung von dem inneren Drang sich etwas zu kaufen, was im Extremfall zu Oniomanie führen kann.

 

Wie soll ein Kind verstehen, dass nicht alles, was in Schaufenstern und Geschäften angeboten wird, auch gekauft werden muss? Dieses Verständnis bedarf einer nicht ganz einfachen Erziehungsarbeit der Eltern, weil diese selbst oft schon etwas von der zwanghaften Kauflust befallen sind und das Wort „nein“ (nicht nur beim shopping) zu jenen Worten gehört, das oft am schwersten auszusprechen ist.

 

(1) Für die psychiatrische Diagnose ist wesentlich, dass nicht mehr der Besitz der Güter Handlungsziel ist, sondern die Befreiung von einem imperativen Drang durch die Kaufhandlung selbst. Die Sinnlosigkeit des Handelns ist den Kaufsüchtigen klar, insofern unterscheidet sich der Kaufzwang vom Konsumismus (zitiert aus der Wikipedia-Enzyklopedie)

 

(11.3.2017)

 

 

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