Gedanken zur Papiervergeudung
 
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Unlängst sagte mir die Verkäuferin abends in einer Lebensmittelkette: „Schauen Sie sich das an, was hier am Abend so an Papier anfällt“ und meinte damit die von den Kunden weggeworfenen Werbeinformationen für Produkte, Sonderangebote, Kassazettel, nicht gebrauchte Plastikfolienbeutel etc. Sie ergänzte nur noch, dass man damit nichts mehr anfangen könne, weil alles bunt bedruckt ist. Jeder weiß das und viele sind stolz darauf, dass sie an ihren Briefkästen einen Hinweis angebracht haben, keine Reklamesendungen einzuwerfen. Die Folge ist, dass die bunten Papiere ungelesen vom Briefträger in bereit gestellte Behälter weggeworfen und später irgendwann verbrannt werden, weil sich ein zu häufiges Recycling nicht mehr lohnt (siehe Punkt 7). Die Firmen drucken deswegen nicht weniger Exemplare an Werbesendungen, die Kosten dafür werden auf die Preise der Produkte aufgeschlagen. Gut – man nimmt dies so in Kauf, obwohl eigentlich weitergedacht werden sollte.

 

1. Die Briefkästen (ohne Aufkleber, keine Reklame einzuwerfen) quellen von meist unverwendetem Papier über – Papier in das sich allenfalls noch gelegentlich eine Nachricht vom Finanzamt, eine Ansichtskarte und ein paar Rechnungen irgendwo verstecken. Die Zahl der Haushalte beträgt in Deutschland 39.200 Millionen, in Österreich 3,24 Mio und in der Schweiz 3,1 Mio – auf die übrigen paar Länder der Welt soll hier nicht hochgerechnet werden – peanuts!

 

2. Jeder Haushalt abonniert mindesten zwei Zeitungen und zusätzlich werden unzählige Magazine (für Sport, schöneres Wohnen, für Autos, Pflanzen, für Computer, für Pferde, Schafe und andere Tierarten, sowie Apothekerzeitungen und Gesundheitsmagazine) gekauft – alles Papier, welches eine Zeit lang in einem Regal aufgehoben und dann weggeworfen wird.

 

Anm.: 78 % der deutschen Bundesbürger lieben und lesen ihre täglichen Zeitungen und stehen damit hinter Norwegen, Finnland, Schweden, der Schweiz, Österreich und England in Europa an siebter Stelle. Die größte Gesamtauflage haben in Deutschland die 333 lokalen und regionalen Abonnementszeitungen mit 16,1 Millionen Exemplaren, gefolgt von den vielen Straßenverkaufszeitungen mit insgesamt 5,4 Millionen Exemplaren. Einschließlich aller Fachzeitschriften werden fast 10.000 Titel angeboten. Der Bereich der Fachzeitschriften ist bezogen auf die Titelzahl mit 3.450 der stärkste, die Publikumszeitschriften folgen mit rund 1.800 Titeln. Neben den Nachrichtenmagazinen zählen dazu vor allem die auflagenstarken Gattungen der Programmzeitschriften, aktuellen Illustrierten wie „Stern“ und „Bunte“ sowie der Frauenzeitschriften.

 

Nachdem Deutschland an siebter Stelle der Zeitungsleser steht, hat man ungefähr eine Vorstellung über die Zeitungsanzahl in Europa – die übrige Welt vergessen wir der Einfachheit halber – peanuts!

 

Anm.: Die größten Tageszeitungen der USA (New York Times und Washington Post haben nicht etwa nur die 30 armseligen Seitenzahlen, wie die größten europäischen Tageszeitungen, sondern einige Hundert). Der New York Times Konzern hat Milliardenschulden wegen des benötigten Papiers und den weggebrochenen Werbeeinnahmen aufgrund der derzeitigen Krise und obwohl man in den neuen buchartigen PC- Gebilden (Tablets, Phablets, BeBook oder Kindl) nicht nur Bücher lesen kann, sondern auch ein Abonnement der New York Times (z.B. im „Kindl“) für ca. 14 $ monatlich lesen könnte, selbst wenn das Abonnement der Printausgabe erheblich mehr kostet, müssen die Printausgaben produziert werden, weil es die Leser so wollen.

 

3. Ich habe in meinem Leben unzählige Formulare ausgefüllt, wobei ich hoffe, dass wenigstens ein ganz winziger Teil davon in irgendeinem Magistrat säuberlich eingeordnet ist und zu irgendetwas nützlich war, bevor es dann nach einer bestimmten Verjährungsfrist ebenfalls „entsorgt“ wird (natürlich bin ich nicht der Einzige, der schon einmal Formulare ausfüllen musste – es gibt viele, viele Formulare für viele, viele Zwecke und viele, viele Menschen).

 

4. Kinokarten, Theaterkarten, Straßenbahnfahrkarten, Bahnfahrkarte oder Galerie- und sonstige Einladungen werden für einen einzigen Zweck einmal gebraucht und dann „entsorgt“.

 

5. Als der PC die Büros eroberte, dachten einige Phantasten, dass jetzt das papierlose Zeitalter anbrechen werde. Die Phantasten hatten sich geirrt – die Zahl von Computer-Ausdrucken beherrschte fortan den Büroalltag und die Hersteller von PC-Druckern können die Preise ihrer Drucker immer mehr verbilligen, weil sie mit den Druckpatronen mehr Geld verdienen als durch ihre Drucker. Ja – ich fühle mich mitschuldig, weil ich für eine einzige meiner Computergrafiken oft 50 Probeausdrucke anfertigen muss. Das geht nicht einfach mit Recycling Papier, weil dann die Farben nicht mehr stimmen, sondern ich muss gutes-teures-nutzloses Papier verwenden.

 

6. Ich möchte die Leser nicht weiter mit Phantasien belasten, für welche Zwecke sonst noch nutzloses Papier produziert, verwendet (oder nicht verwendet) aber „entsorgt“ wird.

 

7. Selbst wenn ein Teil des Papiers ein- zweimal recycled wird und zu immer minderwertigeren Papierprodukten führt – nach nicht allzu langer Zeit werden sie – sei es durch mechanisch-biologische Abfallentsorgung oder Verbrennung „entsorgt“ und produzieren CO2 (Kohlendioxid) in einem Ausmaß, das bei allen CO2 Debatten ganz einfach vergessen wird und manche andere „CO2 Spender“ weit übertrumpft.

 

8. Habe ich noch einige wichtige Papierverschwender vergessen? Über WC-Papier möchte ich hier nicht diskutieren, aber die Manuals oder Gebrauchsanweisungen selbst für die allerkleinsten technischen Geräte (auch für ganz normale Zahnbürsten) und die unendlich vielen Verpackungsmaterialien aus Papier sollten doch zumindest erwähnt werden.

 

9. Was früher den Römern mit dem Kahlschlag der Wälder in Italien für ihren Bau von Kriegsschiffen gelang, gelingt uns heute weltweit, durch den übermäßigen Verbrauch von Papier – aber die Wälder wachsen ja langsam (sehr langsam) wieder nach und alles was nachhaltig ist, sei gesegnet!

 

10. Zum Schluss muss die Phantasie noch ausreichen, um Gegenmittel zumindest gedanklich anzuführen: es könnte ja einmal die Zeit kommen, in der es billige, kleine und leicht bedienbare PC’s mit großen Bildschirmen gibt, die auch von PC-Abstinenzlern gebraucht werden könnten, um Zeitungsinhalte und Werbeinformationen jeden Tag abzurufen, um sie bei Nichtgefallen auf der geduldigen Festplatte wieder zu löschen bzw. zu überschreiben. Es gibt (ich nenne sie diesmal ebenfalls Phantasten) Menschen, die glauben, dass Bücher und Zeitungen nie aussterben – das ist alles eine Frage der Zeit! Zugtickets, Flugeincheckformulare und Finanzsteuern sind ja bereits über das Internet per Handy bezahlbar – es müsste halt alles ein bisschen einfacher bedienbar und etwas größer als die modernen Mini-Computer-Telefon-Fernseher-Radios-Internet-Alleskönner sein, sodass auch ältere Leute damit umgehen können.

 

Das Denken unter Berücksichtigung von "Maßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit" wird in den Schulen nicht gelehrt. Und so werden wir morgen weiterhin die Reklamebeilagen der Sonderangebote von Supermärkten studieren (oder nicht studieren und sie sofort wegwerfen) und die dadurch erhöhten Produktpreise gerne bezahlen.

 

Und die armen Papierfabriken? Die Zahl der „Hufschmiede“ hat sich seit dem Altertum und Mittelalter ja auch drastisch verringert und es gibt nur noch ein paar Edelhufschmiede für Edelpferde.

 

(12.11.2016, redigierte Fassung aus 2014)

 

 

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