Desillusion nach Pariser UN-Klimakonferenz 2015 – ein Update

 

Ende der Autobahn - © Alfred Rhomberg, grafisch stark verändertes öffentliches Hinweisschild, Publik Domain

 

Inzwischen sind seit der Pariser UN-Klimakonferenz 2015 einige Monate verstrichen – wie sieht die Umsetzung aus heutiger Sicht aus?

 

Noch haben wir die glücklichen Gesichter der beteiligten Politikerinnen und Politiker nach dem Abschlusskommuniqué vor Augen – diese Bilder sind schnell in Vergessenheit geraten, übrig blieb ein „Abkommen, das alle Erwartungen übertrifft ... und was wir erwartet hatten“ (1), (2). Der einzige Schönheitsfehler ist, dass das Abkommen auch umgesetzt werden muss und hier bestätigt sich, dass sich Politiker der Wahrheit und deren Tragweite entweder zu wenig bewusst sind, oder diese bewusst verbergen (besser: „schönreden“) wollen.

 

Es wäre hier nicht der Raum, auf einzelne Punkte des Abkommens, auf Expertenratschläge oder Wünsche von Umweltorganisationen einzugehen – wir wissen alle, dass etwas geschehen muss – für die kleinen vorerst am stärksten betroffenen pazifischen Länder wären alle erdenklichen Maßnahmen gegen das Abschmelzen der Polkappen längst erforderlich gewesen. 

 

Im Verhältnis zur Weltbevölkerung sind es eher die „kleinen“ Länder, darunter Deutschland oder Österreich, in denen Bestrebungen zur Verringerung des CO2 in der Atmosphäre besonders ernst genommen werden – trotzdem: wenn man diese „Musterländer“ etwas genauer betrachtet, wird man feststellen, dass es Parallelentwicklungen von politischen und kommerziellen Vorgaben gibt, welche sogar in diesen Ländern die Ziele in absehbarer Zeit unerfüllbar machen oder in einem Gesamtkontext unsinnig erscheinen lassen. Wenn es jedoch schon in diesen Ländern nicht „stimmt“ – wie soll es da weltweit zu wirksamen Konzepten kommen, um die im Pariser Kommuniqué geforderten Maßnahmen in absehbarer Zeit umzusetzen?

 

Im Folgenden sollen nur wenige Beispiele aufgeführt werden, die auch wenn es sich vielleicht um nebensächliche „Nichtigkeiten“ handeln mag, nachdenklich stimmen sollten, denn gerade die Summe solcher „Nichtigkeiten“ summiert sich und lässt den Aufwand und die „Ergebnisse“ der Pariser Klimakonferenz lächerlich erscheinen.

 

1. Silvesterraketen

 

Allein Deutschland böllert 124 Millionen Euro für Silvesterraketen in die Luft (3) – Summen die weltweit für Silvesterraketen ausgegeben werden gehen in mehrstellige Milliardenbeträge.

 

Anm.: in den Nachrichten wird berichtet, dass für Schäden in den am meisten durch Klimaveränderungen betroffenen Pazific-Ländern (z.B. Haiti) Milliardenbeträge benötigt würden. Die neuen Schäden des Hurrikan „Matthew“ im November 2016 sind so gigantisch, dass weitere Milliarden notwendig werden.

 

2. Kunstschnee auf den Skypisten Österreichs

 

Dieses Jahr gibt es in Tirol (aber nicht nur dort) keinen oder zu wenig Schnee zum Skyfahren. Ob das nur eine vorübergehende Absurdität des Wetters oder schon eine Folge des Klimawandels ist, soll hier nicht diskutiert werden. Tatsache ist, dass in Österreich derzeit laut „Der Standard“ 20.000 Schneekanonen eingesetzt werden (4). Der Wasser- und Strombedarf von Beschneiungsanlagen ist riesig (5) - von der OECD wird der enorme Verbrauch an Wasser und Energie und der damit verbundene langfristige Schaden für die Umwelt zu Recht kritisiert. Selbst in österreichischen Bundesländern wie Tirol wird das Wasser welches in riesigen Mengen von den Bergen kommt/kam knapp. Wenn zudem die Gletscher durch die höheren Durchschnittstemperaturen weiter abschmelzen, werden Flüsse aus den Bergen noch wasserärmer, bis es zu einer Verkarstung der oberen Bergregionen kommen.

 

Die Tourismusindustrie argumentiert verständlicherweise, dass ohne Wintersport Touristen ausbleiben und dadurch Arbeitsplätze vernichtet werden. Wenn die Tourismusindustrie nicht bald umdenkt und ihre Tourismusangebote den Umständen angemessen auf andere Weise attraktiver macht (Bergwandern, Wellness-Angebote etc.) wird es tatsächlich zur Arbeitsplatzvernichtung und der Verarmung bekannter Sky-Gemeinden kommen.

 

Anm.: Die heute bekanntesten Skygebiete im Ötztal (Sölden, Hochgurgl), Paznauntal (Galtür, Ischgl) etc. waren noch vor 100 Jahren arme Bergdörfer.

 

3. Erneuerbare Energien

 

Über Vor- und Nachteile der erneuerbaren Energien wurde in 3 Teilen des Parallelmagazins „Igler Reflexe“ „Energieträger, Energieformen …“ (Technik/Industrie/Umwelt) ausführlich berichtet. Den Ausführungen ist wenig hinzuzufügen, außer, dass sich manche Einzelheiten heute verdichtet haben.

 

Die Solarenergie (Photovoltaik) ist nur dort ideal, wo sie dezentral, also zur Versorgung von Häusern oder Gemeinden eingesetzt wird und es zusätzliche Möglichkeiten zur Energiegewinnung gibt, wenn keine Sonne scheint. Das Problem, Solarenergie in Akkumulatoren (Akkus) zu speichern, ist nach wie vor nicht befriedigend gelöst. Lithium-Akkus als Speicherelemente mit der größten Energiespeicherdichte benötigen das Element Lithium, das fast ausschließlich in Bolivien abgebaut wird und dort ganze Landstriche vernichtet.

 

Ähnliche Probleme gibt es bei Windmühlenparks. Regionen in denen die Landschaft zur Betreibung großer Parks geeignet ist, liegen meist von Industriezentren entfernt, der Strom muss also transportiert und in Verbundnetze eingespeist werden, welche die stoßweisen Belastungen (wenn infolge von Stürmen viel Strom erzeugt wird) derzeit nicht aushalten. Windparks werden also gerade unter „Idealbedingungen“ oft abgeschaltet. Neu ist, dass die Leitungen jetzt nicht mehr als Überlandleitungen, sondern unter der Erde geplant sind. Das ist teuer und weder die exakte Trassenführung, noch die zu berücksichtigenden Grundstückseigentumsverhältnisse sind bis jetzt geklärt. Man hätte daher schon längst mit dem Ausbau der Netze beginnen müssen – dies sind jedoch Kosten, die früher offenbar nie einkalkuliert wurden, obwohl sie längst bekannt waren.

 

In manchen Regionen Österreichs müssten (außer im Burgenland, Nieder- und Oberösterreich) Wälder gerodet werden, um Platz für neue Energieparks zu schaffen. Wälder roden heißt Waldflächen zu vernichten, die den Treibhauseffekt verringern würden, weil sie Kohlendioxid verbrauchen, außerdem bedeuten Waldrodungen tiefgehende Eingriffe in die Forstwirtschaft (Bauholz und Wildtierbestand), sowie wachsende Gefahren durch Vermurung während Schlechtwetterperioden. Auch Windmühlen benötigen ein Metall (Neodym) das chemisch zu den seltenen Erden gehört und fast nur in China vorkommt, wobei dessen Abbau dort große Landschaftsbereiche zerstört und die Bevölkerung krankmacht. Wir sind also stolz darauf, ein Dorf oder eine Stadt bei uns energie-unabhängiger zu machen und nehmen dabei Zerstörungen in fernen Gegenden in Kauf.

 

Anm. zur WindenergieDeutschland ist einerseits stolz darauf, den Prozentsatz an Windenergie in letzter Zeit um 50 % gesteigert zu haben - die CO2-Bilanz ist in Deutschland wegen der Kohlekraftwerke trotzdem eher schlechter geworden, weil ein Großteil des gewonnenen Stroms exportiert wird (Kohlekraftwerke sollen bekanntlich noch bis 2040 erlaubt sein). Warum exportiert Deutschland Strom? So ganz klar ist das nicht - hat Deutschland Angst davor, dass in anderen Ländern der Anteil an Atomenergie weiter steigen könnte? (Siehe weiter unten). 

 

4. Elektroautos

 

Die Zukunft gehört zweifellos den Elektroautos – nur wird diese Zukunft auf sich warten lassen (siehe hierzu in diesem Magazin: Elektroautos – der Strom kommt aus dem Akku).

Zwar bauen alle großen Autohersteller aus Prestigegründen inzwischen recht ansehnliche (und teure) Elektroautos, diese werden jedoch nicht so gut verkauft, wie es die deutsche Bundeskanzlerin Frau Merkel vor wenigen Jahren annahm – nämlich allein in Deutschland 1 Million Elektroautos bis 2020. Zwar hatte die Autoindustrie diese Anzahl von Anfang an als illusorisch betrachtet und in anderen Industrieländern sieht es nicht besser aus. Die Forderung der Politik, dass es ab 2030 keine Zulassung mehr für benzin/dieselbetriebene Autos geben soll ist aus heutiger Sicht völlig unhaltbar oder nur durch riesige Steuersubventionen möglich (näheres im Beitrag dieses Magazins: „Elektroautos – der Strom kommt aus dem Akku“     

 

Die Atomenergie in der Welt ist (derzeit) nicht wegdenkbar

 

Die Idealisten in Österreich und Deutschland (und wenigen anderen Ländern) haben ihren nachvollziehbaren Kampf gegen die Atomenergie zu einer Zeit geführt, als die möglicherweise noch größere Katastrophe der Klimaerwärmung noch nicht zur Diskussion stand. Auf die Atomenergie, die im Laufe der Jahrzehnte einerseits zwar immer sicherer wurde, andererseits jedoch stets gefährlich bleiben wird, kann irgendwann einmal verzichtet werden – die Folgen der Klimaerwärmung sind derzeit weder in ihrem vollen Umfang bekannt, noch können wir sie mit den uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern – am wenigsten durch „Absichts-Kommuniquees“ wie das der Pariser Klima Konferenz 2015, das inzwischen, wie erwähnt, auch von China ratifiziert wurde.

 

Laut Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) sind derzeit 438 Reaktoren in 31 Ländern mit einer installierten elektrischen Gesamtnettoleistung von rund 379 Gigawatt in Betrieb, um elektrischen Strom zu erzeugen (Informationsstand: 1. Juli 2015). 67 Reaktoren befinden sich im Bau.

 

Anm.: Ca. neue 40 Atomkraftwerke werden allein in China gebaut (meist russischer Provenienz), in Russland gibt es 34, Kernkraftwerke, in den USA sind derzeit 71 Kernkraftweke am Netz, in den meisten europäischen Ländern existieren bereits AKW’s und sind dort zumindest im Augenblick als integraler Teil der Stromerzeugung schwer wegdenkbar, in Frankreich werden 4 neue AKW’s gebaut, die Kernenergie hat in Ungarn mit nur einem einzigen Atomkraftwerk einen Anteil von 42 Prozent an der Gesamtstromerzeugung… (alle Zahlen zu Atomkraftwerken sind der Wikipedia-Enzyklopädie entnommen, Zugriff 2.1.2016).

 

Resumée dieses Beitrags:

Der Weg zum Klimawandel ist lang, mühsam, kurvenreich und keine Autobahn. In erster Linie fehlen klare Konzepte zur Umsetzung der Klimaziele. Weltwirtschaft und Weltpolitik sind zwar eng miteinander verknüpft, gerade deswegen sind die „glücklichen“ Gesichter der PolitikerInnen nach Verabschiedung des Schlusskommuniqués der Pariser Klimakonferenz 2015 nicht mehr als ein „Archivbild“ in einer vermutlich unendlich langen Geschichte zur Realisierung(?) der gesteckten Ziele.

 

(Neufassung 11.10.2016)

 

(1) http://www.bmub.bund.de/cop21/

(2) https://reset.org/knowledge/un-klimakonferenzen-worum-gehts

(3) http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/feuerwerk-zu-silvester-deutschland-boellert-fuer-124-millionen-euro-12728755.html

(4) http://derstandard.at/1381371911854/20000-Kanonen-zur-Schneeherrlichkeit

(5) http://www.focus.de/wissen/natur/tid-20942/winter-fakt-4-schneekanonen-sind-energiefresser_aid_588056.html

 

 

 

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